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Austrofred, 29. November 2007 (Rabenhof-Theater,
Wien)
(von Thomas Hochwarter)
„In 30 Jahren nichts Relevantes
gemacht“ – Austrofred im Interview
Galaabend „Alpenkönig und Menschenfreund“
Während andere Vertreter seines Metiers, dem
guten alten Austropop, heute nur mehr als Hauptpersonen peinlicher
Homestories in nicht ernstzunehmenden Magazinen, durch das selbst
inszenierte Ausschlachten privater Schwierigkeiten aller Art und jeden
Ausmaßes oder inhaltslose Wortmeldungen bei den „Seitenblicken“, nicht
selten aber durch eine schwer verdauliche Mischung von all dem, präsent
sind, besinnt sich der unumstritten beste Entertainer des Landes wie gewohnt
auf das, was zählt: die Show. Für ihn stehen seine Fans im Vordergrund sowie
der hohe Anspruch, den er sich selbst stellt. Abend für Abend geht er bis an
seine Grenzen, zuletzt sah dies jedoch etwas anders aus als sonst.
Wie schon im Vorjahr lud er nämlich in den Rabenhof, um – am Flügel von
Thomas Rabitsch („bei Falco hat er noch Keyboard gespielt, jetzt bringt er
mir mein Bier“ – als es den Hauptakteur des Abends dürstete und sich niemand
von der Crew angesprochen fühlte, konnte sich der Champion eben jene Aussage
nicht verkneifen) begleitet – aus seinem Buch, der höchst amüsanten
Autobiographie „Alpenkönig und Menschenfreund“ vorzutragen. Dass sich da
auch die eine oder andere Musiknummer ausgehen würde, war gewiss. Und so ist
es keine große Überraschung, dass auch der letzte Abend seiner Verpflichtung
am Rabenhof etwas Besonderes war.
Im Mittelpunkt stand das Buch, aus welchem der Künstler mit offensichtlicher
Routine vortrug. Neben dem ohnehin mehr als gelungenen Werk trug auch seine
unnachahmliche Fähigkeit, auf sich ergebende Situationen entsprechend zu
reagieren, dazu bei, dass der Galaabend als Erfolg verbucht werden darf. Da
das Kapitel, in dem verraten wird, womit sich Ministranten während der Messe
bei Laune halten, nicht Teil des Programms war, bleibt auf jeden Fall
zumindest ein triftiger Grund, sich selbst mit dieser ganz besonderen
Lektüre eine Freude zu machen.
Eine Stunde vor Beginn nahm sich der Austrofred aber noch ganz lässig für
ein ausführliches Interview Zeit, in dem er über den Ist-Zustand des
Austropop philosophiert und verrät, wo seine Dancing
Stars-Teilnahme-Schmerzgrenze liegt.
Danke, dass du etwas deiner kostbaren Zeit schenkst – noch dazu so kurz
bevor die Show losgeht. Normalerweise ist dies ja Tabu; warum hast du kein
Problem damit, eine Stunde vor dem Auftritt noch ein Interview zu geben?
Weil ich schon das achte Mal im Rabenhof
auftrete – das Programm sitzt eigentlich, die Technik sowieso. Und es ist
zur Hälfte ja eine Lesung, also kann ich das runterlesen. Im Rockbereich
ist das sonst ja ein bisschen anders. Da hast du bei jedem Konzert eine
andere Bühnensituation, musst dir immer selbst deine Kabeln einstecken und
schauen, dass alles passt.
Hier gehe ich auf die Bühne, es ist schon alles da und ich fange einfach an.
Das ganze hier ist auch irgendwie eine gute Ablenkung – der Thomas Rabitsch
ist sowieso ein toller Ablenker. Der kennt nämlich so viele Klamauk-Filme
in- und auswendig – Luis de Funes, Laurel & Hardy – und bringt das immer
wieder passend ein.
Um gleich bei Thomas Rabitsch zu bleiben – wie ist es eigentlich dazu
gekommen, dass eine Legende mit einer anderen Legende zusammenarbeitet?
Begonnen hat alles damit, dass er mehr
oder weniger zufällig bei einem Konzert von mir war. Das hat ihm ziemlich
getaugt und wir haben uns dann kennengelernt. Bei meiner Interviewsendung
auf Okto („Hello Austrofred, Hello Vienna!“, Anm.) war er mein erster
Gesprächspartner. Und so sind wir uns quasi verbunden geblieben.
Ursprünglich war die Gala im Rabenhof nur für letztes Jahr geplant, und
damals eigentlich nur für eine Lesung an einem Abend. Da das so gut
angekommen ist, hab ich mir überlegt, was man machen könnte, um dem ganzen
ein bisschen Flair zu geben. Ich hab an Klavierbegleitung gedacht und da ist
er quasi der ideale Mann – neben dem Christian Kolonovits vielleicht, der im
Austropop einen ähnlich hohen Status hat. Beim Thomas Rabitsch kommt halt
hinzu, dass er einen irrsinnig guten Schmäh, ein sehr lässiger Typ ist und
immer wieder viel über die „Generation Falco“ – um das jetzt einmal so zu
nennen – gemacht hat; den „Slow Club“ zum Beispiel.
Heute letzter Galaabend im Rabenhof – wie fällt der Blick zurück aus?
Es war auf jeden Fall eine super Sache,
schon alleine durch das komplett neue Theaterumfeld. Es ist ja auch ganz
angenehm, dass man herkommt und schon alles da ist. Die Leute haben im
Theater eine ganz andere Aufmerksamkeit, obwohl ich deswegen die Rockbühne
nicht missen möchte. Das war aber schon interessant zu beobachten. Wenn ich
einen Blick zurück wage, muss ich gestehen, dass es auch mit ein paar
Terminen weniger getan gewesen wäre. Im Publikum gab es einen recht hohen
Anteil an Abonnenten – zum Großteil ältere Leute, die schwerer zu überzeugen
sind.
Wie würdest du die Resonanz deiner Fans bei Konzerten beschreiben –
Euphorie, Anbetung oder irgendwo dazwischen?
Naja, das ist alles ein Teil des ganzen. Dazu
gehört auch, dass ich den großen Rockstar gebe – gut, ich bin es ja auch.
Und die Leute haben Spaß daran, die wilden Fans zu sein – auch wenn manche
dies vielleicht nur vortäuschen.
Aus deinen Tagebüchern (siehe www.austrofred.at, Anm.) weiß man, dass du
manche ATV-Dokusoaps und ähnliches recht unterhaltsam findest und du dir
zumindest von allem, was geboten wird, ein Bild machst. Sollte ein Angebot
eines größeren Senders als Okto kommen, würdest du grundsätzlich ablehnen
oder zustimmen, wenn du dich darin verwirklichen könntest – beispielsweise
in der „Donnerstag Nacht“-Schiene des ORF beispielsweise? Dem ORF stehst du
ja auch durchaus kritisch gegenüber und hast „SOS ORF“ unterstützt.
Nein, wenn es da ein Angebot gäbe, würde
ich da sofort was machen. Natürlich muss es ein Format sein, wie du schon
sagst, in dem ich was Gutes machen kann – nur die Chance ist doch sehr
gering. Es ist halt leider meistens so, dass es viele Köche gibt, die einem
reinpfuschen wollen, da sie eine andere Auffassung davon haben, was lustig
ist als ich – jedoch glauben sie, mit mir auf einer Wellenlänge zu sein.
Ein überraschendes Comeback hat Klaus Eberhartinger vollbracht. Ist das, was
er derzeit macht, clever oder peinlich?
Finde ich ok, weil er ein guter Typ ist.
Ich muss aber dazusagen, nicht wahnsinnig viel gesehen zu haben. Einmal hab
ich ihn bei „Was gibt es Neues?“ gesehen, außerdem ein oder zwei Folgen von
„Dancing Stars“. Er ist halt doch ein Bühnenmensch mit einem eigenen Schmäh,
den er recht gekonnt einbringen kann, wie es scheint. Trotz allem würde ich
es natürlich eher begrüßen, wenn er wieder einmal eine gscheite EAV-Platte
machen würde.
Wo läge deine Schmerzgrenze, sollte man an dich als Kandidaten bei „Dancing
Stars 3“ herantreten?
Also da müsste sie schon sehr gut zahlen!
Ich hab ja im „News“ gelesen, dass die Honorare bei der zweiten Staffel ganz
unterschiedlich waren – während einige ganz schön viel rausgeholt haben,
haben sich andere eher abspeisen lassen und waren mehr oder weniger nur für
die Promo dabei. Also… ich würde sagen… [sucht Blickkontakt mit Mitter Klaus
– rechte Hand des Champion und Mädchen für alles im
Austrofred-Kompetenzentrum – der sich mittlerweile dazugesellt hat; dieser
deutet mittels Handzeichen „sechs Nullen im Betrag“ an, Anm.] eine Abendgage
pro Tanzstunde, weil mich das Tanzen eh nicht so freut.
Gab es eine Art Lieblingsbesuch, den du im Rahmen deiner Sendung „Hello
Austrofred, Hello Vienna“ unternommen hast?
Nein, ich muss wirklich betonen, dass mir
da alle Sendungen sehr viel Spaß gemacht haben. Vor kurzem haben wir alle
Folgen wieder einmal angeschaut, weil wir eine DVD vorbereiten und da ist
mir wieder bewusst geworden, wie toll das war. Es war auch prinzipiell so,
dass ich alle Leute, bei denen ich angefragt hab, grundsätzlich sympathisch
gefunden habe – jemanden zu verarschen war nicht das Konzept der Sendung.
Uns ging es eher darum, mehr von den Leuten zu zeigen; sie sollten
Interessantes von sich erzählen.
Bestes Beispiel ist vielleicht Wolfgang Katzer, bekannt als „Bamschabl“ vom
Kabarettduo „Muckenstrunz & Bamschabl“. Die beiden wurden mit der Zeit schon
ein bisschen als Vertreter eines grauen Humors abgestempelt und nie ganz
ernst genommen. Und dann liest man seine Bücher und stellt fest, wie toll
die geschrieben sind. Also ich würde wirklich behaupten, dass die in der
österreichischen Literatur vorne dabei sind. In der Sendung hat er auch
erzählt, dass er seine Dissertationsarbeit über John Coltrane geschrieben
hat und sich für improvisierte Oper interessiert – solche Dinge würde man
ansonsten wahrscheinlich nie erfahren.
Also du bist auch nirgends in Unfrieden gegangen oder gar hinausgeworfen
worden, was man dann bei der Aufzeichnung vielleicht vertuscht hat?
Nein, wirklich nicht – ganz im Gegenteil!
Erst vor kurzem habe ich wieder mit Maggie Entenfellner E-Mail-Kontakt
gehabt, die mir nocheinmal geschrieben hat, wie sehr ihr das getaugt hat.
Wird es mit „Hello Austrofred, Hello Vienna!“ wie bisher weitergehen?
Nein, momentan nicht. Ich betrachte das
derzeit als abgeschlossen – jetzt schauen wir einmal, ob sich vielleicht
etwas Ähnliches in dieser Richtung ergibt.
Bela B. von Die Ärzte unterstützt eine Partei in Berlin-Kreuzberg, die sich
unter anderem für eine Verringerung der Schwerkraft bis zum Jahr 2010 und
ein Rauchverbot in Einbahnstraßen stark macht. Könntest du dir vorstellen,
dich jemals in irgendeiner Weise politisch zu engagieren? Und wenn ja,
ernsthaft oder auch satirisch angelegt?
Oh, das ist eine schwierige Frage… Also
falls ernsthaft hätte ich keine Ahnung für wen; satirisch wüsste ich nicht,
was mich daran interessieren würde und wie man die sich tagtäglich
abspielende Politsatire noch verbessern könnte.
Da ich ja jetzt euch beide vor mir habe: Wie kann man sich einen
gewöhnlichen Arbeitstag im Kompetenzentrum vorstellen?
Acht Stunden normalerweise, in stressigen
Zeiten natürlich auch schon einmal mehr. Also der Klaus hat sich gestern bis
2 Uhr Früh mit den neuen T-Shirt-Designs herumgeschlagen. Da bin ich sehr
heikel und pfusch ihm ständig drein. Dann zaht er wieder so einen dünnen
Stoff daher, wo ich dann sage, dass das so nicht geht. Denn meine Fans haben
sich nur das Beste verdient – naja, solche Sachen halt.
Meine Aufgabe ist – neben dem Komponieren natürlich – der Oberbefehl. Und
ich mache auch das Booking, bin da quasi mein eigener Manager. Es ist mir
sehr wichtig, da alles unter Kontrolle zu haben. Der Austrofred lässt sich
eben nichts entreißen – und da kommen wir wieder auf den ORF zurück: Wenn da
was möglich wäre, wo ich die Entscheidungen treffen kann – gerne, keine
Frage! Aber wenn dann wieder die ganzen Bürokraten daherkommen – danke.
Was hältst du vom Queen-Musical „We will rock you“, welches ja derzeit in
Wien gespielt wird?
Ich habs noch nicht gesehen – musikalisch
sicher top, denke ich. Text eher doof, obwohl der Ben Elton ja an und für
sich kein schlechter Typ ist und ja auch die Drehbücher von „Blackadder“
geschrieben hat. Aber ich erwarte mir nichts Besonderes, was vor allem mit
dem Format des Musicals zu tun hat. Queen sind ja nicht die einzigen mit
einer derartigen Geschichte, aber die Erfolgreichsten. Es gibt Abba-,
BeeGees- und ein Udo Jürgens-Musical. The Who und Pink Floyd waren da aktiv
– also ich muss das alles nicht haben…
…obwohl ja Brian May und Roger Taylor (von Queen, Anm.) daran beteiligt
sind.
Jaja, ich weiß schon. Roger Waters hat ja „The
Wall“ inszeniert, Pete Townshend hat auch alles gemacht. Aber ich weiß
nicht… Das scheint eine seltsame Konstante der Musikschreibung der Rockmusik
zu sein – ist der Denkmalpflege nicht gerade förderlich, würde ich sagen.
Erwähnt man den Begriff „Austropop“, wird diese Musikrichtung von den
meisten Leuten wohl als „nett“ bezeichnet und mit schönen Erinnerungen
assoziiert. Aber das war eben einmal und ist somit zwangsweise auch ein
bisschen peinlich – und die einstigen Protagonisten tragen ihren Teil durch
teils sehr skurrile Auftritte in den TV-Gesellschaftssendungen und
entsprechenden Zeitungsseiten dazu bei. Was kann man tun, um daran etwas zu
ändern?
Eine wesentliche Komponente ist, dass
einst sehr prägende Köpfe der Musiklandschaft wie Ambros oder Fendrich seit
etwa 30 Jahren nichts Relevantes mehr gemacht haben. Fürchterlich ist, dass
man alle zwei Jahre oder so eine Austropop-Show macht, die nur in Nostalgie
schwelgt und die 20 oder 40 relevanten Nummern, die es halt gibt,
wiederkäut. Ein Remastered-Label wie Rhino, aber eben für Austropop, wäre
eine gute Sache. Es wäre toll, wenn die wichtigen Alben von Ambros oder auch
Arik Brauer wieder erhältlich sind, mit Linear Notes und allem drum und dran
– um darauf aufmerksam zu machen, was damals eigentlich passiert ist und
welchen Einfluss diese Werke hatten. Ich würde das mit der Serie des
österreichischen Films vergleichen, die vom „Standard“ veröffentlich wurde.
Aber so etwas passiert halt nicht. Stattdessen wird immer wieder an
denselben blöden 30 Nummern herumgekaut. Falcos Album „Einzelhaft“ ist das
einzige, welches remastered wiederveröffentlicht wurde. Auf der Hitplatte „Falco
3“ hingegen existiert ein Fehler – die springt etwa 30 Sekunden zurück und
dann geht es weiter. Man merkt das nicht wirklich, aber anstatt das
auszubessern und das Album überarbeitet zu veröffentlichen, lässt man es so
seit Ewigkeiten auf dem Markt.
Größen der heimischen Musikszene wie Christina Stürmer und Rainhard Fendrich
streiten sich darum, wer denn nun die wirkliche EM-Hymne aufgenommen hat.
Wird es von dir in irgendeiner Form etwas zur Euro geben – es wäre ja
geradezu unvorstellbar, würde da gar nichts kommen…
Das hängt natürlich vor allem davon ab,
ob ich gefragt werde und wie das Finanzielle aussehen würde, denn der Rubel
muss rollen, soviel ist sicher. Das Lied vom Fendrich hab ich noch nicht
gehört. Ich denke aber, das wird sich nicht vermeiden lassen und ich bin
schon neugierig – mal schauen, ob er’s draufhat.
Review
/ Interview / Fotos
Thomas Hochwarter
Copyright: www.britishrock.cc
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2008
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