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Kettcar, 7. Mai 2008 (Arena,
Wien)
(von Thomas Hochwarter)
Ein großer Abend
Kettcar
live in Wien
„Ausverkauft!“
hieß es einige Tage vor einem weiteren Gastspiel der Hamburger in Wien.
„Ausverkauf!“ war zwar nicht unbedingt, was Fans nach Hören des zweiten
Albums Marcus
Wiebusch textlich liefert, ist erneut einzigartig; nicht nur was deutschen
Indierock betrifft, sondern was den gesamtdeutschen Bereich anbelangt.
Wiebusch meinte in einem Interview, dass er seine Kreativität nicht für Bücher
aufwenden und so verschwenden möchte – ein interessanter Ansatz. Über
sein Output hingegen könnte man ganze Bücher schreiben. Gegenwärtige
Themen werden ebenso kunstvoll zu einem stets verwirrenden und letztlich bis
auf weniger Ausnahmen Sinn machenden Ganzen verstrickt wie persönliche
Erfahrungen, mit denen man sich, wenn auch meist natürlich in etwas
abgewandelter Form, identifizieren kann.
Was die musikalische Umsetzung betrifft präsentiert man sich auf Album
Nummer drei forsch, präzise und unnachgiebig. „Graceland“ ist der
mitreißende Opener, der Gutes (wie „Kein Außen mehr“) verheißt, „Am
Tisch“ fügt sich geradezu zu perfekt in die Balladenreihe „Im Taxi
weinen“ / „48 Stunden“ ein.
Auch der Gig im April 2005 war ausverkauft, die Stimmung war auch damals
nicht schlecht. Kettcar können live gar nicht enttäuschen (siehe Frequency
2006 – eine im positiven Sinn denkwürdige Performance auf der kleinen Bühne;
die pralle Nachmittagssonne verlangte den Männern in schwarz alles ab). Und
doch hatte das damals aktuelle Album eine negative Strahlkraft. Es schien
allen bewusst zu sein, dass es nicht der große Wurf war, auf den man
gehofft hatte. Sicherlich erfreute es mit einigen tollen Stücken –
„Deiche“ ist nach wie vor völlig zurecht der Live-Opener der Band –
dominierend war jedoch eine Masse an unterdurchschnittlichen Songs. Aber das
ist Geschichte, die Band hat diese Phase ebenso gut überstanden wie die
Fans, die Wiebusch, Bustorff und Co. ja ohnehin nicht wirklich böse sein hätten
können. Und „Sylt“ ist viel mehr als nur halbherzige Vergangenheitsbewältigung.
Das neue Album stünde auf einer Stufe mit „“ – würde sich dieses
kategorisieren lassen. Das geht aber nicht, es ist einfach zu gut für solch
Spielereien. Und so staunt man über die Schärfe der Texte und
Konturiertheit der Musik, freut sich über amüsante Erzählungen und
erschaudert aufgrund noch nicht erlebter musikalischer Welten –
elektronische Elemente und im Hintergrund donnernde Drums entführen in
bisher unbekannte Sphären („Fake for real“).
Was sich noch zu dem tollen Abend im dritten Wiener Gemeindebezirk sagen lässt?
Nicht viel - rundum gelungen eben. Lobend zu erwähnen wäre vielleicht noch
die simple und doch effektive Lichtshow, die bei „Graceland“ die gesamte
Bühne in ein berauschendes Rot hüllt.
Ganz nebenbei müssen einfach nochmals Marcus Wiebusch’s geniale neue
Texte erwähnt werden. Es wäre zwecklos und nicht zielführend, so etwas
wie „die besten“ Stellen hier wiederzugeben. Man sollte sie selbst für
sich entdecken und geradezu nebenbei die tolle Musik der Band genießen. Und
immer wieder neue Lieblingsstellen ausfindig machen; oder sich darüber
freuen, den einen oder anderen Gedankengang erfolgreich nachvollzogen zu
haben.
Am Ende bleibt nur noch zu sagen, dass auch der Auftritt Kettcars ein neues
Phänomen (ist es dies?) bekräftigt, nämlich das der 40-Minuten-Gigs, die
natürlich mit Hilfe von zwei bis drei Zugaben auf die „normale“
Spielzeit von etwa 90 Minuten kommen. Martin Blumenau findet das gut. Er hat
dies sogar in der Nacht des Gigs, den er beschämenswerter Weise versäumt
hat, gesagt (in seiner mitternächtlichen FM4-Sendung „Bonustrack“ natürlich).
Noel Gallagher findets dämlich (nicht „Bonustrack“, seine Meinung dazu
ist – noch – nicht überliefert, sondern die Sache mit den Zugaben).
Eine deutsches Massenblatt mein „Bild’ dir deine Meinung“ – dem
schließe ich mich ausnahmsweise an.
Review
/ Interview / Fotos
Thomas
Hochwarter, Foto: kettcar.net
Copyright: www.britishrock.cc
britishrock.cc - music zine austria
Copyright
2008
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