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SHOUT OUT LOUDS, 23. Jänner 2008 (WUK,
Wien)
(von Christoph Löger)
Very Loud
S. war unpünktlich. B. war
überpünktlich. Die Shout Out Louds
im Wiener WUK.
In meinen Hintern gebissen hab ich mich schon
eine Stunde vor dem Konzert. Als ich vorm Wiener WUK bibbernd in der Kälte
stand und auf das wunderbare Frl. S. gewartet hab, mit dem ich grad einen
großen Teil meines Kopfs und einen etwas kleineren meines Herzens teile. Ich
hab die Zeit zwar dazu benutzt, beim Schalter am Durchgang in den Innenhof
aus Langeweile und schierem Frost (nicht Frust) zwei Karten für Amy
MacDonald zu kaufen – eine g’scheite Idee, wie sich künftig noch
herausstellen wird, weil die frischg’fangte Schottin immerhin der
Auto-Soundtrack zu meinem letzten UK-Aufenthalt Anfang Dezember war und ihr
erstes Album grad No1 im Königreich ist. So, an dieser Stelle hab ich mich
in einen Schachtelsatz verlaufen, aus dem ich nimmer rauskann, deswegen: Ihr
Lieben werdet von Ms. MacDonald an dieser Stelle zu gebotener Zeit noch
Einiges lesen. Am 11. März ist sie im WUK und ich als hoffnungslos
verfallener Verfechter der neuen Britinnen klarerweise dabei.
Wie gesagt: S. kam halt zu spät, das war die eigentliche Tragik dieses
Augenblicks. Geschätzte fünf Minuten vielleicht, aber das war spät genug, um
zu versäumen, dass Bebban mich körperlich gestreift hat zwischen Tür und
Angel des WUK-Beisl’s.
Bebban heißt mit Nachnamen Stenborg und ist der weibliche Engel der Shout
Out Louds, der immer links hinten auf der Bühne steht und von dem niemand
weiß, was er da eigentlich tut außer sehr hübsch, sehr blond uns sehr
schwedisch auszuschauen. Bebban hat also die WUK-Beisl-Tür von innen
aufgemacht und wollte raus, und ich wollte im selben Augenblick rein. Und
die Sonne ging auf. Die Funken haben gesprüht wie nur irgendwas bei dieser
flüchtigen Berührung zwischen ihrem Mantel und meiner Jacke. Auch wenn
dieser Funkenregen wohl allein von meiner postpubertären Vorstellung der
Situation an sich entfacht wurde und der Erinnerung an den Moment, in dem
sie aus meinem Becherchen trank….genug, jetzt wird’s kitschig.
Immerhin war’s dann lustig, dabei zuzusehen, wie sie komplett anonym
zwischen all den semi-hysterischen Shout Out Louds-FanInnen herumlaufen
konnte, ohne Autogramme geben zu müssen, weil eh alle FanInnen nur auf – den
zugegeben onstage recht charismatischen und noch viel schöneren – Frontmann
Adam Olenius gewartet haben. Es hat sie einfach niemand erkannt im Getümmel.
Und bevor ich mich jetzt in einem Bebban-Konvolut ergehe: Meine einseitig
platonisch-unerwiderte Liebe zu ihr ist
hier nachzulesen. Wie auch die Entstehungsgeschichte der Band und
sonstig Irrelevantes.
Das WUK ist keine optimale Halle für recht große Kaliber, wie sie die Shout
Out Louds mittlerweile sind in der Größenordnung zwischen 1000 und 5000. Der
Gig war ausverkauft, der sozio-demographische Schnitt sehr weiblich, sehr
jung und im positiven sinn picksüß, der verhältnismäßig schmale (und
einzige) Durchgang zwischen Bühne und den sekundär essentiellen Dingen eines
Konzerts (Klo und Bar, oder Bar und Klo – je nach Priorität und Reihenfolge)
lässt beide Vorhaben zu einer 10-Minuten-Sache werden. Einmal für kleine
Jungs oder Mädchen plus zwei Bier holen, da vergehen gut und gern zwei
Songs. In der Arena brauch ich für das Pinkel/Bier-Menü etwa 2 Minuten, im
Planet maximal 3, im von mir trotz aller Kritik heißgeliebten Gasometer
meist nicht mehr als 5 Minuten. Überraschend perfekt dafür: Der Sound.
Glasklare Instrumente, alle Mikros schön austariert, herrlich. Gratulation
an die Sound-Menschen. Angenehm auch die „Für-die-Sicherheit-Verantwortlichen“
(ich nenn sie deswegen nicht „Securities“, weil sie zu nett waren): Da
gibt’s kein Rucksack-Durchstöbern nach Kameras oder Panzerfäusten (Frl. S.
hatte Mantel, Tasche und ein Sackerl mit – alles blieb undurchforstet).
Zudem: FreundInnen selbstgemachter… ermm …Zigaretten können diese
unbehelligt vor Ort konsum…rauchen.
Als Vorgruppe gab’s die Schweden von Dag För Dag. Das kann man mit ein bissl
Liebe zur Phonetik auch als Österreicher ganz gut übersetzen. Klingen tut es
aber auch so, wie der Bandname impliziert: Wir wollen das Publikum nicht
nerven mit unserer Musik, sondern wir spielen euch was vor, das in etwa so
klingt wie Bastard-Pop zwischen Sigur Ros und Evanescence. In doppelter
Geschwindigkeit, manchmal auch in halber, man weiß es nicht. Das wie üblich
Headliner-fixierte Wiener Publikum hat’s quittiert wie immer: Mit einer
unfassbar ignoranten Nonchalance. Ein großer Teil der ersten (!) Reihe stand
mit dem Rücken zur Band. Und wenn ich kurz ein Sexist sein darf: Die
Frontdame wird in 10 Jahren ein ähnliches Schicksal erleiden wie Joan Baez
oder STS: Ich wollt eh immer Rockstar sein, aber tief drin bin ich halt so
irgendwie auch konservativ, aber trotzdem dagegen. Hatte stimmlich und
optisch ein wenig was von Mischung zwischen 1968 und frigider
Religionslehrerin. Sorry for that.
In der Umbauphase werden S. und ich von irgendeinem Konkurrenz-Medium,
dessen Name ich tatsächlich vergessen hab, fotografiert. Drei illuminierte
Jungs, die offenbar zum ersten Mal eine Spiegelreflex-Digicam mit Mega-Blitz
mithaben. Und sich zwischen dem fünften und sechsten Bier mit eben diesem
Blitz spielen. In unseren Gesichtern. Ich beiß mir zum zweiten Mal an diesem
Abend in den Hintern. Diesmal, dass ich keine Cam mithab. Nicht zum
Gegenblitzen gegen die Kiddies, sondern weil das Review, welches du grad
liest, ohne Live-Fotos auskommen muss – Ich war zu faul, sie mitzuschleppen.
Bin nach dem sechsten Blitz direkt in mein Gesicht am Überlegen, ob ich dem
Bub eine anhäng. Hab ich dann – nur geistig, aber dafür sehr fest – auch
gemacht und bin ihm später beim Konzert mächtig auf die Füße getreten. Dann
war a Ruh. Kennen wir eh alle aus Rocky III: „Adriaaan!!!“
Und dann, endlich, Bebban und ihe Jungs (Verzeihung ;-), Shout Out Louds
heißt die Band: Wortlos begonnen, gleich mit „Tonight I Have To Leave It“,
dem bisher größten Hit der Schweden. War ein bissl überraschend, weil’s in
meinen Augen keine gute Idee ist, als Noch-Immer-Newcomer in Mitteleuropa
quasi 90 Prozent des (sehr, sehr jungen) WUK-Publikums schon in den ersten 5
Minuten des Gigs den Höhepunkt der Nacht wegzunehmen. Da waren noch nichtmal
die Handys aus den Taschen heraußen, die besten 20 Freundinnen noch nicht
angerufen, die Akkus nicht geladen, die wichtigsten 63 SMS des Tages nicht
geschickt, der Video-Speicher für das, was da kommen möge, noch nicht
gelöscht. Letztes Jahr im Planet Music war’s noch „The Comeback“, hat mir
als Opener besser gefallen. Egal, danach das übliche Konzert-Gerede, das ich
nimmer hören kann: „Our biggest audience yet in Austria…you’re amazing…“.
Blablabla. Vor allem deswegen Bla, weil das Konzert in der ersten Hälfte
etwas hatte, was ganz selten bei einem Indoor-Gig vorkommt (wo man im
Gegensatz zu einem Festival ja wirklich nur DIESE EINE Band sehen will und
dafür bezahlt, und wahrscheinlich nicht für Dag För Dag): Nämlich, dass sich
die Band das Blut aus den Fingern spielt, während das Publikum sowas von
überhaupt nicht warm wird. Der Umkehrbruch kam dann bei „Impossible“:
Schlagartig war auch die Halle da. Auch wenn bei diesem meinem Lieblingslied
der Shout Out Louds dann Bebban’s Stimme teilweise versagt hat und Gitarrist
Carl von Arbin (welch ein Name!) für ihre Überstimme eingesprungen ist –
natürlich weitgehend unbemerkt. Und an dieser Stelle hab ich schon wieder
einen begonnenen Schachtelsatz verloren. Tut mir leid. Lies einfach weiter.
Der (Carl) war überhaupt arm: Zu Beginn der, ich glaub, vorletzten Zugabe
ist ihm der Verstärker (oder zumindest sein Kanal) eingegangen. Tontechniker
waren zwar schnell vor Ort, aber keine Chance mehr. Ein mishap, das Adam (lead
guitar) und Ted Malmros (bass) grandios überspielt haben. Aber auch Adam hat
Fehler gemacht: Im Gegensatz zu den Poser-Rockstars dieser Welt lässt er
sich seine Plektren nämlich nicht mit Tesa-Band (österr.: Tixo, engl./amerik.:
duct tape) auf den Mikroständer picken, sondern hat sie – in der
Hosentasche. Und wenn ihm dann doch mal eines runterfällt (so wie im WUK),
und er zuerst in der Hosentasche herumwurstelt und keins findet und dann am
Boden niederkniet, um das verlorene Plektrum wieder zu finden, dann ist
das….nein, kein Fehler…..dann ist das ziemlich cool.
Im übrigen ist „Very loud“ eine der schlechtesten Nummern auf „Howl Howl
Gaff Gaff“. Aber mein Gott – das Ding ist live ein „dermaßiger“ (dafür bieg
ich sogar die deutsche Grammatik und den Duden) Stomper, dass man mit
freudigem Klingeln in den Ohren heim gehen kann.
Was sonst noch passiert ist?
Bebban trank Ottakringer aus der Dose. Adam Olenius aus der Flasche. Das
nächste Mal erzähl ich ihr die Sache vom 16er-Blech und der Eitrigen. Sie
ist ein Engel.
Live footage on youtube: Shout Out Louds/Vienna/23-01-2008
Shout Out Louds – live in Vienna – 23.01.2008 – Tonight I Have To Leave It