Erst 2023 geboren, hat sich das LIDO SOUNDS in Rekordzeit zum Pflichttermin für Indie- und Britpop-Fans entwickelt. Drei Tage voller Highlights, pulsierender Beats und einer Stimmung, die Festivalherzen höherschlagen lässt. Hier feiern Menschen, die sich dem typischen Festivalwahnsinn entziehen wollen – es ist ein Festival für all jene, die eigentlich nicht mehr auf Festivals gehen - und genau das macht den besonderen Reiz aus.
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Vom 27. bis 30. Juni verwandelte sich das Urfahranermarktgelände erneut in eine riesige Festivalbühne. Über 70.000 Musikfans strömten zum Lido Sounds 2024, um vier Tage lang zu feiern. 41 Bands sorgten für ein abwechslungsreiches Line-up mit großen Namen wie Kings of Leon, Parov Stelar, Kraftklub und Sam Smith. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten – Regen, technische Probleme und lange Wartezeiten an den Getränkeständen – wurde das Festival ein voller Erfolg.
Linz im Takt der Editors - eines der Highlights am Lido Sounds `24. Fotos: M. Tanki
Ein regnerischer Auftakt mit starken Headlinern
Der erste Festivaltag begann mit Wetterkapriolen. Als hätte man es nicht schlechter timen können, entluden sich genau vor Festivalbeginn am Nachmittag die Wolken in einem kräftigen Regenschauer. Besonders bitter traf es die Linzer Band Coverrun, deren Auftritt kurzfristig abgesagt wurde. Auch Milky Chance musste den Zeitplan anpassen. Ihr Auftritt startete fast eine Stunde später als geplant, doch das Duo ließ sich die Laune nicht verderben. Mit Hits wie Stolen Dance und ihrem neuen Song Naked and Alive begeisterten sie das Publikum – auch wenn sie ihr Set kürzen mussten. „Wir hätten gern mehr gespielt, aber immerhin konnten wir die Show durchziehen“, sagte Philipp Dausch nach dem Auftritt.
The Kooks ließen mit Indie-Klassikern wie Seaside und Do You Wanna britische Nostalgie aufleben. Sänger Luke Pritchard war bestens gelaunt und testete sogar eine unveröffentlichte Nummer, die überraschend gut ankam.
Der Headliner des Tages, Kings of Leon, ließ sich Zeit – mit 40 Minuten Verspätung betraten die US-Rocker schließlich die Bühne. Frontmann Caleb Followill entschuldigte sich nicht groß, sondern versprach: „Wir spielen so viel wie möglich.“ Und das taten sie – mit einer energiegeladenen Setlist voller Hits wie Use Somebody und Sex on Fire.
Früher Indie-Teens, heute Indie-Queens – Kings of Leon vereinen Generationen.
Freitag & Samstag: Tanzen, feiern, schwitzen
Am zweiten Festivaltag zeigte sich das Wetter von seiner besseren Seite: Sommerliche Temperaturen und strahlender Sonnenschein sorgten für ausgelassene Stimmung. Lokalmatador Parov Stelar brachte mit seinem Electro-Swing die Menge zum Tanzen, während Linz’ eigene Hip-Hop-Formation Texta ein emotionales Heimspiel feierte. Der Andrang bei Deichkind war so groß, dass der Zugang zur Bühne wegen Überfüllung gesperrt werden musste. Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys versprühten mediterranen Charme, bevor der Abend mit Parov Stelar einen furiosen Abschluss fand.
Auch der Samstag stand im Zeichen von Energie und Ekstase. Mit Nina Chuba, Bibiza und Ikkimel wurde es abwechslungsreich, bevor Kraftklub als Headliner die Bühne enterte. Die Chemnitzer Band sorgte nicht nur musikalisch für Begeisterung, sondern nutzte die Gelegenheit für ein klares politisches Statement. „Die meisten von euch wissen, wofür wir stehen, aber man kann es nicht oft genug sagen: Rassismus, Homo-, Transphobie und Faschismus haben keinen Platz in der Gesellschaft“, rief Sänger Felix Kummer ins Mikrofon – und erntete tosenden Applaus.
Official Lido Sounds Aftermovie 2024
Ein würdiger Abschluss mit Sam Smith
Am letzten Festivaltag kam es zu einem kurzfristigen Wechsel im Line-up: Kaffkiez mussten krankheitsbedingt absagen, für sie sprang Saló ein. Den Auftakt machten The Hives, die mit ihrem gewohnt exzentrischen Auftritt direkt für Schwung sorgten. Pelle Almqvist dirigierte das Publikum mit Schildern, sprang ins Getümmel und ließ den Rock der 2000er-Jahre wieder auferstehen – laut, rotzig, unwiderstehlich.
Wenig später betrat Mike Skinner alias The Streets die Bühne – ganz unaufgeregt, als ginge er gerade ins Pub. Doch was folgte, war ein lässiger Ritt durch über zwei Jahrzehnte britischer Clubkultur: Garage, Grime, Drum & Bass. Statt großer Show setzte Skinner auf Nähe – tanzte auf Schultern, verteilte Umarmungen und fragte nach gutem Kebap. Müde? Keine Spur.
Ein Highlight jagte das nächste am letzten Festivaltag - die Editors – ihr düsterer, elektronisch durchzogener Rock sorgte für Gänsehaut. Zwischen Regen und Lichtblitzen wurde "Smokers Outside the Hospital Doors" zur Hymne eines magischen Moments, bevor „Papillon“ als krönender Abschluss das Gelände erbeben ließ.
Mike Skinner auf Tuchfühlung: Wenn der Frontmann einfach durch die Crowd spaziert, wird’s wirklich persönlich.
The Libertines brachten den Wahnsinn – aber den charmanten, unberechenbaren. Pete Doherty kam tatsächlich, in einen blauen Plastiksack gehüllt, zählte auf Deutsch ein, zeigte ein Fußballtrikot, verschwand plötzlich von der Bühne – und kehrte dann einfach zurück. „Can’t Stand Me Now“, „Run Run Run“ – alles klang nach früher, aber passte perfekt ins Jetzt.
Und dann: Sam Smith. Während der Regen sanft auf die Menge fiel, verwandelte sich das Festivalgelände in ein Lichtermeer. Mit seiner gewaltigen Stimme und einer durchinszenierten Show brachte er Pop-Glanz auf die Bühne – berührend und dennoch feierlich.
Glitzer, Drama, Stimme – Sam Smith setzte das Finale mit Stil
Mit emotionalen Songs wie Stay With Me und Unholy setzte Smith den krönenden Abschluss für ein Festival, das trotz Startproblemen und Wetterchaos bewies, dass es sich längst als Fixpunkt im österreichischen Festivalsommer etabliert hat.