„In 30 Jahren nichts Relevantes gemacht“ – Austrofred im Interview - britishrock.cc
 
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„In 30 Jahren nichts Relevantes gemacht“ – Austrofred im Interview
30.11.2007
Während andere Vertreter seines Metiers, dem guten alten Austropop, heute nur mehr als Hauptpersonen peinlicher Homestories in nicht ernstzunehmenden Magazinen, durch das selbst inszenierte Ausschlachten privater Schwierigkeiten aller Art und jeden Ausmaßes oder inhaltslose Wortmeldungen bei den „Seitenblicken“, nicht selten aber durch eine schwer verdauliche Mischung von all dem, präsent sind, besinnt sich der unumstritten beste Entertainer des Landes wie gewohnt auf das, was zählt: die Show.

Für ihn stehen seine Fans im Vordergrund sowie der hohe Anspruch, den er sich selbst stellt. Abend für Abend geht er bis an seine Grenzen, zuletzt sah dies jedoch etwas anders aus als sonst.

Wie schon im Vorjahr lud er nämlich in den Rabenhof, um – am Flügel von Thomas Rabitsch („bei Falco hat er noch Keyboard gespielt, jetzt bringt er mir mein Bier“ – als es den Hauptakteur des Abends dürstete und sich niemand von der Crew angesprochen fühlte, konnte sich der Champion eben jene Aussage nicht verkneifen) begleitet – aus seinem Buch, der höchst amüsanten Autobiographie „Alpenkönig und Menschenfreund“ vorzutragen. Dass sich da auch die eine oder andere Musiknummer ausgehen würde, war gewiss. Und so ist es keine große Überraschung, dass auch der letzte Abend seiner Verpflichtung am Rabenhof etwas Besonderes war.

Im Mittelpunkt stand das Buch, aus welchem der Künstler mit offensichtlicher Routine vortrug. Neben dem ohnehin mehr als gelungenen Werk trug auch seine unnachahmliche Fähigkeit, auf sich ergebende Situationen entsprechend zu reagieren, dazu bei, dass der Galaabend als Erfolg verbucht werden darf. Da das Kapitel, in dem verraten wird, womit sich Ministranten während der Messe bei Laune halten, nicht Teil des Programms war, bleibt auf jeden Fall zumindest ein triftiger Grund, sich selbst mit dieser ganz besonderen Lektüre eine Freude zu machen.

Eine Stunde vor Beginn nahm sich der Austrofred aber noch ganz lässig für ein ausführliches Interview Zeit, in dem er über den Ist-Zustand des Austropop philosophiert und verrät, wo seine Dancing Stars-Teilnahme-Schmerzgrenze liegt.

Danke, dass du etwas deiner kostbaren Zeit schenkst – noch dazu so kurz bevor die Show losgeht. Normalerweise ist dies ja Tabu; warum hast du kein Problem damit, eine Stunde vor dem Auftritt noch ein Interview zu geben?

Weil ich schon das achte Mal im Rabenhof auftrete – das Programm sitzt eigentlich, die Technik sowieso. Und es ist zur Hälfte ja eine Lesung, also kann ich das runterlesen. Im Rockbereich ist das sonst ja ein bisschen anders. Da hast du bei jedem Konzert eine andere Bühnensituation, musst dir immer selbst deine Kabeln einstecken und schauen, dass alles passt.

Hier gehe ich auf die Bühne, es ist schon alles da und ich fange einfach an. Das ganze hier ist auch irgendwie eine gute Ablenkung – der Thomas Rabitsch ist sowieso ein toller Ablenker. Der kennt nämlich so viele Klamauk-Filme in- und auswendig – Luis de Funes, Laurel & Hardy – und bringt das immer wieder passend ein.

Um gleich bei Thomas Rabitsch zu bleiben – wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass eine Legende mit einer anderen Legende zusammenarbeitet?

Begonnen hat alles damit, dass er mehr oder weniger zufällig bei einem Konzert von mir war. Das hat ihm ziemlich getaugt und wir haben uns dann kennengelernt. Bei meiner Interviewsendung auf Okto („Hello Austrofred, Hello Vienna!“, Anm.) war er mein erster Gesprächspartner. Und so sind wir uns quasi verbunden geblieben.

Ursprünglich war die Gala im Rabenhof nur für letztes Jahr geplant, und damals eigentlich nur für eine Lesung an einem Abend. Da das so gut angekommen ist, hab ich mir überlegt, was man machen könnte, um dem ganzen ein bisschen Flair zu geben. Ich hab an Klavierbegleitung gedacht und da ist er quasi der ideale Mann – neben dem Christian Kolonovits vielleicht, der im Austropop einen ähnlich hohen Status hat. Beim Thomas Rabitsch kommt halt hinzu, dass er einen irrsinnig guten Schmäh, ein sehr lässiger Typ ist und immer wieder viel über die „Generation Falco“ – um das jetzt einmal so zu nennen – gemacht hat; den „Slow Club“ zum Beispiel.

Heute letzter Galaabend im Rabenhof – wie fällt der Blick zurück aus?

Es war auf jeden Fall eine super Sache, schon alleine durch das komplett neue Theaterumfeld. Es ist ja auch ganz angenehm, dass man herkommt und schon alles da ist. Die Leute haben im Theater eine ganz andere Aufmerksamkeit, obwohl ich deswegen die Rockbühne nicht missen möchte. Das war aber schon interessant zu beobachten. Wenn ich einen Blick zurück wage, muss ich gestehen, dass es auch mit ein paar Terminen weniger getan gewesen wäre. Im Publikum gab es einen recht hohen Anteil an Abonnenten – zum Großteil ältere Leute, die schwerer zu überzeugen sind.

Wie würdest du die Resonanz deiner Fans bei Konzerten beschreiben – Euphorie, Anbetung oder irgendwo dazwischen?

Naja, das ist alles ein Teil des ganzen. Dazu gehört auch, dass ich den großen Rockstar gebe – gut, ich bin es ja auch. Und die Leute haben Spaß daran, die wilden Fans zu sein – auch wenn manche dies vielleicht nur vortäuschen.

Aus deinen Tagebüchern (siehe www.austrofred.at, Anm.) weiß man, dass du manche ATV-Dokusoaps und ähnliches recht unterhaltsam findest und du dir zumindest von allem, was geboten wird, ein Bild machst. Sollte ein Angebot eines größeren Senders als Okto kommen, würdest du grundsätzlich ablehnen oder zustimmen, wenn du dich darin verwirklichen könntest – beispielsweise in der „Donnerstag Nacht“-Schiene des ORF beispielsweise? Dem ORF stehst du ja auch durchaus kritisch gegenüber und hast „SOS ORF“ unterstützt.

Nein, wenn es da ein Angebot gäbe, würde ich da sofort was machen. Natürlich muss es ein Format sein, wie du schon sagst, in dem ich was Gutes machen kann – nur die Chance ist doch sehr gering. Es ist halt leider meistens so, dass es viele Köche gibt, die einem reinpfuschen wollen, da sie eine andere Auffassung davon haben, was lustig ist als ich – jedoch glauben sie, mit mir auf einer Wellenlänge zu sein.

Ein überraschendes Comeback hat Klaus Eberhartinger vollbracht. Ist das, was er derzeit macht, clever oder peinlich?

Finde ich ok, weil er ein guter Typ ist. Ich muss aber dazusagen, nicht wahnsinnig viel gesehen zu haben. Einmal hab ich ihn bei „Was gibt es Neues?“ gesehen, außerdem ein oder zwei Folgen von „Dancing Stars“. Er ist halt doch ein Bühnenmensch mit einem eigenen Schmäh, den er recht gekonnt einbringen kann, wie es scheint. Trotz allem würde ich es natürlich eher begrüßen, wenn er wieder einmal eine gscheite EAV-Platte machen würde.

Wo läge deine Schmerzgrenze, sollte man an dich als Kandidaten bei „Dancing Stars 3“ herantreten?

Also da müsste sie schon sehr gut zahlen! Ich hab ja im „News“ gelesen, dass die Honorare bei der zweiten Staffel ganz unterschiedlich waren – während einige ganz schön viel rausgeholt haben, haben sich andere eher abspeisen lassen und waren mehr oder weniger nur für die Promo dabei. Also… ich würde sagen… [sucht Blickkontakt mit Mitter Klaus – rechte Hand des Champion und Mädchen für alles im Austrofred-Kompetenzentrum – der sich mittlerweile dazugesellt hat; dieser deutet mittels Handzeichen „sechs Nullen im Betrag“ an, Anm.] eine Abendgage pro Tanzstunde, weil mich das Tanzen eh nicht so freut.

Gab es eine Art Lieblingsbesuch, den du im Rahmen deiner Sendung „Hello Austrofred, Hello Vienna“ unternommen hast?

Nein, ich muss wirklich betonen, dass mir da alle Sendungen sehr viel Spaß gemacht haben. Vor kurzem haben wir alle Folgen wieder einmal angeschaut, weil wir eine DVD vorbereiten und da ist mir wieder bewusst geworden, wie toll das war. Es war auch prinzipiell so, dass ich alle Leute, bei denen ich angefragt hab, grundsätzlich sympathisch gefunden habe – jemanden zu verarschen war nicht das Konzept der Sendung. Uns ging es eher darum, mehr von den Leuten zu zeigen; sie sollten Interessantes von sich erzählen.

Bestes Beispiel ist vielleicht Wolfgang Katzer, bekannt als „Bamschabl“ vom Kabarettduo „Muckenstrunz & Bamschabl“. Die beiden wurden mit der Zeit schon ein bisschen als Vertreter eines grauen Humors abgestempelt und nie ganz ernst genommen. Und dann liest man seine Bücher und stellt fest, wie toll die geschrieben sind. Also ich würde wirklich behaupten, dass die in der österreichischen Literatur vorne dabei sind. In der Sendung hat er auch erzählt, dass er seine Dissertationsarbeit über John Coltrane geschrieben hat und sich für improvisierte Oper interessiert – solche Dinge würde man ansonsten wahrscheinlich nie erfahren.

Also du bist auch nirgends in Unfrieden gegangen oder gar hinausgeworfen worden, was man dann bei der Aufzeichnung vielleicht vertuscht hat?

Nein, wirklich nicht – ganz im Gegenteil! Erst vor kurzem habe ich wieder mit Maggie Entenfellner E-Mail-Kontakt gehabt, die mir nocheinmal geschrieben hat, wie sehr ihr das getaugt hat.

Wird es mit „Hello Austrofred, Hello Vienna!“ wie bisher weitergehen?

Nein, momentan nicht. Ich betrachte das derzeit als abgeschlossen – jetzt schauen wir einmal, ob sich vielleicht etwas Ähnliches in dieser Richtung ergibt.

Bela B. von Die Ärzte unterstützt eine Partei in Berlin-Kreuzberg, die sich unter anderem für eine Verringerung der Schwerkraft bis zum Jahr 2010 und ein Rauchverbot in Einbahnstraßen stark macht. Könntest du dir vorstellen, dich jemals in irgendeiner Weise politisch zu engagieren? Und wenn ja, ernsthaft oder auch satirisch angelegt?

Oh, das ist eine schwierige Frage… Also falls ernsthaft hätte ich keine Ahnung für wen; satirisch wüsste ich nicht, was mich daran interessieren würde und wie man die sich tagtäglich abspielende Politsatire noch verbessern könnte.

Da ich ja jetzt euch beide vor mir habe: Wie kann man sich einen gewöhnlichen Arbeitstag im Kompetenzentrum vorstellen?

Acht Stunden normalerweise, in stressigen Zeiten natürlich auch schon einmal mehr. Also der Klaus hat sich gestern bis 2 Uhr Früh mit den neuen T-Shirt-Designs herumgeschlagen. Da bin ich sehr heikel und pfusch ihm ständig drein. Dann zaht er wieder so einen dünnen Stoff daher, wo ich dann sage, dass das so nicht geht. Denn meine Fans haben sich nur das Beste verdient – naja, solche Sachen halt.

Meine Aufgabe ist – neben dem Komponieren natürlich – der Oberbefehl. Und ich mache auch das Booking, bin da quasi mein eigener Manager. Es ist mir sehr wichtig, da alles unter Kontrolle zu haben. Der Austrofred lässt sich eben nichts entreißen – und da kommen wir wieder auf den ORF zurück: Wenn da was möglich wäre, wo ich die Entscheidungen treffen kann – gerne, keine Frage! Aber wenn dann wieder die ganzen Bürokraten daherkommen – danke.

Was hältst du vom Queen-Musical „We will rock you“, welches ja derzeit in Wien gespielt wird?

Ich habs noch nicht gesehen – musikalisch sicher top, denke ich. Text eher doof, obwohl der Ben Elton ja an und für sich kein schlechter Typ ist und ja auch die Drehbücher von „Blackadder“ geschrieben hat. Aber ich erwarte mir nichts Besonderes, was vor allem mit dem Format des Musicals zu tun hat. Queen sind ja nicht die einzigen mit einer derartigen Geschichte, aber die Erfolgreichsten. Es gibt Abba-, BeeGees- und ein Udo Jürgens-Musical. The Who und Pink Floyd waren da aktiv – also ich muss das alles nicht haben…

…obwohl ja Brian May und Roger Taylor (von Queen, Anm.) daran beteiligt sind.

Jaja, ich weiß schon. Roger Waters hat ja „The Wall“ inszeniert, Pete Townshend hat auch alles gemacht. Aber ich weiß nicht… Das scheint eine seltsame Konstante der Musikschreibung der Rockmusik zu sein – ist der Denkmalpflege nicht gerade förderlich, würde ich sagen.

Erwähnt man den Begriff „Austropop“, wird diese Musikrichtung von den meisten Leuten wohl als „nett“ bezeichnet und mit schönen Erinnerungen assoziiert. Aber das war eben einmal und ist somit zwangsweise auch ein bisschen peinlich – und die einstigen Protagonisten tragen ihren Teil durch teils sehr skurrile Auftritte in den TV-Gesellschaftssendungen und entsprechenden Zeitungsseiten dazu bei. Was kann man tun, um daran etwas zu ändern?

Eine wesentliche Komponente ist, dass einst sehr prägende Köpfe der Musiklandschaft wie Ambros oder Fendrich seit etwa 30 Jahren nichts Relevantes mehr gemacht haben. Fürchterlich ist, dass man alle zwei Jahre oder so eine Austropop-Show macht, die nur in Nostalgie schwelgt und die 20 oder 40 relevanten Nummern, die es halt gibt, wiederkäut. Ein Remastered-Label wie Rhino, aber eben für Austropop, wäre eine gute Sache. Es wäre toll, wenn die wichtigen Alben von Ambros oder auch Arik Brauer wieder erhältlich sind, mit Linear Notes und allem drum und dran – um darauf aufmerksam zu machen, was damals eigentlich passiert ist und welchen Einfluss diese Werke hatten. Ich würde das mit der Serie des österreichischen Films vergleichen, die vom „Standard“ veröffentlich wurde. Aber so etwas passiert halt nicht. Stattdessen wird immer wieder an denselben blöden 30 Nummern herumgekaut. Falcos Album „Einzelhaft“ ist das einzige, welches remastered wiederveröffentlicht wurde. Auf der Hitplatte „Falco 3“ hingegen existiert ein Fehler – die springt etwa 30 Sekunden zurück und dann geht es weiter. Man merkt das nicht wirklich, aber anstatt das auszubessern und das Album überarbeitet zu veröffentlichen, lässt man es so seit Ewigkeiten auf dem Markt.

Größen der heimischen Musikszene wie Christina Stürmer und Rainhard Fendrich streiten sich darum, wer denn nun die wirkliche EM-Hymne aufgenommen hat. Wird es von dir in irgendeiner Form etwas zur Euro geben – es wäre ja geradezu unvorstellbar, würde da gar nichts kommen…

Das hängt natürlich vor allem davon ab, ob ich gefragt werde und wie das Finanzielle aussehen würde, denn der Rubel muss rollen, soviel ist sicher. Das Lied vom Fendrich hab ich noch nicht gehört. Ich denke aber, das wird sich nicht vermeiden lassen und ich bin schon neugierig – mal schauen, ob er’s draufhat.

Austrofred, 29. November 2007 (Rabenhof-Theater, Wien)  

30.11.2007, 10:10 von T. Hochwarter


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